VOB - Artikel 2 "zusätzliche Leistung bei Nichterreichbarkeit"

Ist die "Sache" VOB/B für Sie im Alltagsgeschäft einsetzbar oder nur ein „interessantes“ Beiwerk?

Nachfolgendes Praxisbeispiel soll diese Frage beleuchten:

 

Ein Auftraggeber vereinbarte mit einem Auftragnehmer einen Vertrag zur Umsetzung eines

Bauvorhabens. Grundlage war die VOB/B in der aktuellen Fassung. Ein weiterer Vertragsbestandteil im Bauvertrag beinhaltete separat, dass Zusätzliche Leistungen oder Leistungsänderungen vor der Ausführung schriftlich mit dem Auftraggeber vereinbart werden müssen, andernfalls besteht kein Anspruch auf die Vergütung.

Bei der Umsetzung des Bauvorhabens wurde festgestellt, dass die örtlichen Gegebenheiten nicht

damit übereinstimmten, dass die Leistungen laut Leistungsbeschreibung umgesetzt werden

konnten. Da der beauftragte und weisungsberechtigte Architekt den Auftraggeber nicht

erreichen konnte, erteilte er die mündliche Anweisung die baulich und technisch erforderlichen

Ausführungen den gewünschten Anforderungen entsprechend umzusetzen.

Der Auftragnehmer stellte seine Mehrkosten in Rechnung. Der Auftraggeber verweigerte die Zahlung der Mehrkosten mit dem Verweis auf den o.g. Vertragsgegenstand, dass Zusätzliche Leistungen und Leistungsänderungen vor Ausführung schriftlich mit dem Auftraggeber vereinbart werden müssten.

 

Endergebnis nach Durchsicht des Bauvertrages, der Ausführungsunterlagen, der Bauunterlagen und Anwendung der VOB Teil B sowie allgemeiner Festlegungen laut BGB:

Der Auftraggeber musste die Mehrkosten zahlen. Die Vertragsfestlegung der schriftlichen

Vereinbarung nur mit dem Auftraggeber bei Leistungsänderung oder Zusätzlichen Leistungen

war eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers, da er keinen Einfluss auf die

Nichterreichbarkeit des Auftraggebers hatte. Zudem waren die Zusätzlichen Leistungen

und Leistungsänderungen schriftlich beim Auftraggeber angekündigt worden. Unabhängig der

Versuche des Architekten hatte der Auftragnehmer ebenfalls mehrfach telefonisch versucht

den Auftraggeber zu erreichen. Die schriftlichen Nachweise, auch bei Nichterreichbarkeit des

Auftraggeber, sowie der Sachverhalt, dass die Zusätzlichen Leistungen und Leistungsänderungen zur technisch einwandfreien Umsetzung des Bauvorhabens nach den aktuellen Richtlinien und Vorschriften zwingend notwendig waren, bildeten die Grundlage der Mehrkostenzahlung.

 

Hätten Sie das gewusst?

 

Wie Sie sehen, mit Wissen des Auftragnehmers vermeidet er Schaden, vor allem für sich selbst! Und bitte berücksichtigen Sie, dass der Auftragnehmer die gesamte Firma ist!


18.03.2019