Ist die "Sache" VOB/B für Sie im Alltagsgeschäft einsetzbar oder nur ein „interessantes“ Beiwerk?
Nachfolgendes Praxisbeispiel soll diese Frage beleuchten:
Ein Auftraggeber vereinbarte mit einem Auftragnehmer einen Vertrag zur Umsetzung eines
Bauvorhabens. Vertragsbestandteil war die VOB in der aktuellen Fassung.
Vertragsinhalt waren Arbeiten in einem gewissen Zeitfenster. Dieses Zeitfenster war
vorgegeben vom 25.09.2017 bis 31.12.2017. Am 25.09.2017 wollte der Auftragnehmer mit
der Ausführung seiner Leistungen beginnen. Dies konnte er nicht, da die Arbeiten der
Vorunternehmer noch nicht fertig waren. Die Verzögerung weitete sich auf insgesamt
6 Wochen aus. Die Fertigstellung der Arbeiten konnte trotz größtmöglichen Einsatzes erst
zum 31.01.2018 erfolgen. Der Auftragnehmer stellte dem Auftraggeber seine entstandenen
Mehrkosten/Mehraufwendungen ist Rechnung. Dieser verweigerte die Zahlung mit der
Begründung, dass der Zeitverzug nicht vom ihm zu vertreten sei, sondern nur von den
beiden betroffenen Gewerken, die die Vorarbeiten nicht rechtzeitig fertiggestellt hatten.
Der Auftragnehmer konnte sich aber mit seinen Mehrkosten nicht an die anderen Gewerke
wenden, da er mit diesen kein Vertragsverhältnis hatte. Mit diesen Sachverhalten allein, wäre der
Auftragnehmer auf seinen Mehrkosten "selbst sitzengeblieben".
Endergebnis nach Durchsicht des Bauvertrages, der Ausführungsunterlagen, der Bauunterlagen
vorab und während der Bauumsetzung und Anwendung der VOB Teil B sowie allgemeiner Festlegungen laut BGB:
Der Auftragnehmer hatte den nicht rechtzeitig möglichen Beginn seiner Arbeiten schriftlich
Angezeigt (Behinderungsanzeige), und zwar dem Auftraggeber, dem eingesetzten Bauleiter und den betroffenen Gewerken. Dazu konnte er eine Nachweisführung vorlegen, die seine Bemühungen bis
zur Aufnahme der eigentlichen Leistungsumsetzung aufzeigten und dokumentierten.
Mittels dieser genauen schriftlichen Nachweisführung wurde dem Auftraggeber dargestellt,
dass er in Sachen Baustellenkoordination die notwendigen Informationen hatte,
um darauf rechtzeitig Einfluss nehmen zu können. Das tat er nicht und deshalb wurde ihm
wegen Unterlassung der Bauaufsicht und Baukoordination ein schuldhaftes Verhalten
nachgewiesen. Die Mehrkosten des Auftragnehmers hatte er somit zu zahlen!
Hätten Sie das gewusst?
Dieser Auftragnehmer hat durch sein Wissen und die saubere Nachweisführung Schaden
für seine Firma vermieden!
14.05.2019