VOB - Artikel 7 "Preisanpassung bei Pauschalpreisvertrag"

Ist die "Sache" VOB/B für Sie im Alltagsgeschäft einsetzbar oder nur ein „interessantes“ Beiwerk?

Nachfolgendes Praxisbeispiel soll diese Frage beleuchten:

 

Ein Generalunternehmer schloss mit einem Auftragnehmer einen Pauschalpreisvertrag,

von ca. 80.000 EURO, ab. Die VOB/B in der aktuellen Fassung wurde als Vertragsbestandteil

definiert.

Während der Umsetzung der Baumaßnahme kam es zu mehreren Auftragserweiterungen.

Weisungsberechtigt, sowohl für die Auftragserteilung als auch Prüfung, war der eingesetzte

„gestandene“ Bauleiter der Baufirma. Die mündlich erhaltenden Auftragserweiterungen kündigte 

Der Auftragnehmer als zusätzlichen Leistungen schriftlich beim Auftraggeber an und verwies

hierbei bereits auf die Erhöhung der Schlussrechnungssumme. Während der Umsetzung der zusätzlichen Leistungen argumentierte der Bauleiter, dass die schriftlichen Ankündigungen aufhören

sollten. Er begründete dies damit, dass laut VOB gelte und somit bei einer Pauschalpreisvereinbarung

eine Massenmehrung bzw. Massenminderung bis zu 20 Prozent mit dem Pauschalpreis

abgegolten sei. Die zusätzlichen Leistungen seien ja nur Kleinigkeiten und damit innerhalb dieser

20 Prozent-Festlegung. Erst wenn diese überschritten wäre, dürfte sich der Auftragnehmer

mit zusätzlichen Kosten an ihn oder den Auftraggeber wenden.

Der Auftragnehmer handelte weiter korrekt und zeigte rechtzeitig die weiteren zusätzlichen

Leistungen schriftlich beim Auftraggeber an - vor dessen Ausführung. Insgesamt beliefen

sich die zusätzlichen Leistungen zum Abschluss der Baumaßnahme auf rund 13.600 EUR.

Nach den Darstellungen des Bauleiters hätte der Auftragnehmer diese 13.600 EUR

"in den Wind schreiben können", da dieser Betrag geringer wie 20% der Auftragssumme waren.

 

Endergebnis nach Durchsicht des Bauvertrages, der Ausführungsunterlagen und Anwendung 

der VOB Teil B: 

Der Auftragnehmer erhielt in vollem Umfang den Rechnungsbetrag seiner zusätzlich

angekündigten und mängelfrei erbrachten Leistungen/Arbeiten. Die vom Bauleiter angeführte 

"20%-Regelung beim Pauschalpreisvertrag" stammt aus früheren Zeiten und es mussten außerdem noch Voraussetzungen erfüllt sein. Die Voraussetzungen standen allerdings als Passus auch in der 

früheren Maßgaben der VOB Teil B. (Dies hatte der Bauleiter "wahrscheinlich überlesen".)

 

Hätten Sie das gewusst oder hätten Sie auf die Aussagen und das Wissen des

weisungsberechtigten „gestandenen“ Bauleiters vertraut?

 

Wie Sie sehen, mit Wissen des Auftragnehmers vermied er Schaden, vor allem für sich selbst!


21.08.2019